London – Dass hart gesottene Drogendealer, dreiste Autodiebe oder sonstige Kriminelle zu Hunderten vorm Gefängnis die Sektkorken auf ihre Freiheit knallen lassen und in Luxuskarren abgeholt werden, dürfte auch in England einmalig sein. Der Grund: Auf der Insel sind am Dienstag wegen der Überbelegung der Gefängnisse im Land 1700 verurteilte Verbrecher vorzeitig entlassen worden.
Die englische Labour-Partei hält den Schritt für notwendig, um den Druck auf die Überbelegung der Gefängnisse zu verringern. Es sei jedoch eine „schwierige Entscheidung“ gewesen, sagte Handels- und Wirtschaftsminister Jonathan Reynolds (44) dem Sender „Sky News“.
Mit der ungewöhnlichen Maßnahme soll Platz für noch schlimmere Kriminelle gemacht werden, die sonst wegen fehlender Plätze ihre Haftstrafen erst gar nicht antreten könnten. Die Regierung versicherte aber, dass zumindest Gewaltverbrecher und Täter häuslicher Gewalt nicht für die vorzeitige Freilassung infrage kämen.
Die Regelung sieht vor, dass einige Gefangene bereits nach 40 Prozent ihrer verbüßten Strafe entlassen werden können. Normalerweise müssen mindestens 50 Prozent abgesessen werden, bevor man gegen Auflagen auf freien Fuß kommt.
„Ich bin jetzt ein lebenslanger Labour-Wähler“, wird ein vorzeitig entlassener Drogendealer in der „Daily Mail“ zitiert.
Einer der Freigelassenen ist auch Christopher Hope (32). Der verbrachte das letzte Jahrzehnt fast ausschließlich in Gefängnissen und wurde am Dienstag drei Monate eher aus dem Knast in Stockton-on-Tees (England) entlassen. Er schwor sich ob des großen Glücks der Freiheit: „Ich war schon ein paar Mal wegen geklauter Luxusautos hier. Aber das war’s jetzt. Ich mache das nicht mehr.“
Es wäre ihm und all den anderen verurteilen Häftlingen, aber vor allem der englischen Gesellschaft zu wünschen, dass sie nicht schon bald wieder rückfällig werden. Doch statistisch gesehen begehen ein Drittel der entlassenen Gefängnisinsassen innerhalb eines Jahres wieder Straftaten.
Aber selbst wenn – viel Platz ist in englischen Gefängnissen ohnehin nicht.