Die Airlines haben ihre Kapazitäten wieder hochgefahren, und das heutige Sitzplatzangebot entspricht nahezu dem Niveau des Jahres 2019. Während die Preise in der Economy Class kontinuierlich auf das Vorpandemie-Level sinken und vermehrt Aktionspreise auftauchen – zum Beispiel 682 Franken für ein Zürich-Phuket-Zürich –, verharren die Business-Class-Preise weiterhin auf einem hohen Level.
Einige aktuelle Beispiele für Business-Class-Tickets (Hin- und Rückflug, Preise in Franken pro Person, Preisabfrage auf den Airline-Websites am 26. August 2024):
5000 oder 6000 Franken für ein Business-Class-Ticket Richtung Nordamerika oder Asien ist an sich normal und war schon vor zehn Jahren an der Tagesordnung. Nur: in den Jahren vor der Pandemie, 2018, 2019, sah das anders aus. Die Airlines warfen nur so um sich mit Business-Class-Aktionspreisen und 2-für-1-Specials. C-Klasse-Tarife auf der Langstrecke zum Preis von weniger als 3000 Franken gab es viele. Doch trotz den wieder grossen Flugkapazitäten auf dem Niveau von vor der Pandemie, scheinen die Business-Class Tarife vorerst hoch zu bleiben.
Was in diesem Zusammenhang zusätzlich verwundert: Es hat viel weniger Geschäftsreisende als vor der Pandemie. Von der Swiss sind hierzu ziemlich genaue Angaben zu erhalten. Auf «65 bis 70 Prozent im Vergleich zu 2019» beziffert die Swiss-CFO Dennis Weber den heutigen Anteil Geschäftsreisender, «und das wird wohl so bleiben, sei es wegen vermehrten Videokonferenzen oder aus Nachhaltigkeitsgründen.»
Umso mehr überrascht es in diesen Tagen, dass die Business-Class-Tarife weiterhin auf einem hohen Niveau verharren. Das hat einen Grund: immer mehr Leisure-Passagiere bevorzugen auf der Langstrecke die Premium Eco oder auch die Business Class. Die Airlines freuen sich über diese lukrative Einnahmequelle, verdienen sie doch mit Eco-Light-Tarifen nicht viel mehr als ein Butterbrot.
Doch wie lange hält das hohe Business-Class-Tarifniveau an? Travelnews hat mit einigen Reiseexperten gesprochen.
Nick Gerber, Head of Procurement bei Globetrotter Travel Service, analysiert die aktuelle Situation so: «In den Jahren vor Corona hat die Nachfrage von Leisure-Gästen stark zugenommen, die Premium Eco aber auch Business Class buchten. Ein Grund war da sicherlich, dass man damals sehr günstige Business-Tickets erhielt, auch mal für 2500 Franken.»
Ab dem Jahr 2022 habe dann das Fliegen wieder die nötige Wertigkeit erhalten, lautet Nick Gerbers Meinung. «Seither liegen viele Business-Class-Tarife wieder über 5000 Franken. Da fragt sich schon der eine oder andere Reisende, ob er das Geld nicht lieber vor Ort in den Aufenthalt investieren will. Sehr gut gebucht werden bei uns aber nach wie vor Premium-Eco-Tarife. Seit einigen Monaten mit den wieder hohen Kapazitäten der Airlines tauchen vermehrt Specials auf, vor allem in der Economy Class, in der Business Class noch weniger.» Aber das sei wohl nur noch eine Frage der Zeit.
Für Roger Herren, den Geschäftsreise-Chef bei Parade Reisen, stellen Leisure-Kunden in der Business-Class kein Novum dar: «Die hatten wir schon immer. Seit Corona hat diese Entwicklung aber zugenommen». Und was sagt Herren zur Preisentwicklung in der Business Class? «Grundsätzlich ist das noch schwierig zu vergleichen über die Jahre hinweg, teurer geworden ist es meiner Meinung nach nicht. Aktuell teuer sind Business-Class-Tarife nach China und Japan, weil die Kapazitäten noch nicht auf dem Vor-Corona-Niveau liegen.» Generell habe es im Moment einfach weniger Specials, das mag den Eindruck erwecken, dass die Business Class teurer geworden sei.
Ein weiterer Geschäftsreisespezialist bestätigt Travelnews den Rückgang des Anteils an Geschäftsreisenden im Vergleich zum Jahr 2019. Und nach der Preisentwicklung in der Business Class gefragt, sagt dieser: «Für kurzfristige Abflüge sind die Preise schon auf einem hohen Niveau. Wenn jemand weiter hinaus planen kann, sind aber günstige Tarife verfügbar.»
Offenbar erreichen die Pricing- und Yield-Manager der Airlines in diesen Tagen nun aber einen Kipppunkt. Wegen den wieder reichlich verfügbaren Kapazitäten, lassen sich die Business-Class-Sitze nicht mehr so einfach zu hohen Preisen verkaufen. Erste Airline greifen zum Rotstift.
Auf der Webseite der TAP Air Portugal sind aktuell Business-Class-Schnäppchen auszumachen: je nach Datum für 1500 bis 1800 Franken lässt sich in der Business Class von Zürich via Lissabon nach Cancún und zurück fliegen.
Auch bei der Lufthansa Group ist aktuell ein verblüffender Tarif auszumachen. Der «Companian Special» der Lufthansa ermöglicht Flüge in den höheren Klassen bis Mitte 2025. Die Reise muss aber in Stockholm, Oslo oder Kopenhagen beginnen und enden, und es gilt, zu zweit zu reisen: Stockholm – Frankfurt/Zürich – Delhi für 780 Franken pro Person hin und zurück in der Business Class oder für 1020 Franken nach Hongkong. Dazu gebucht werden muss dann aber noch ein Zürich – Stockholm – Zürich – so irrsinnig dass dann auch sein mag, erst nach Stockholm zu fliegen, um dann wieder via Zürich ans Endziel weiterzufliegen.
Erste arabische Carrier gehen nun in diesen Tagen ebenfalls in die Preisoffensive. Etihad Airways hat diese Woche Sonderangebote publiziert, die bis am 30. August 2024 gebucht werden müssen – für die Flugperiode vom 15. September 2024 bis 20. März 2025: Zürich – Abu Dhabi – Phuket und zurück für 2042 Franken in der Business Class oder auch an andere Ziele in Asien wie nach Peking, Manila, Seoul, Singapur oder Bangkok.
Wer sich in den letzten Jahren an die Annehmlichkeiten eines Business-Class-Fluges auf der Langstrecke gewöhnt hat – und es ist nicht ganz einfach, danach wieder in der Economy Platz zu nehmen und die Beine einzuziehen –, der wird wohl in den kommenden Wochen noch auf manchen attraktiven Business-Class-Tarif treffen. Die aktuelle Marktkonstellation scheint jedenfalls an einem preislichen Wendepunkt zu sein.